Versorgung

Gibt es auch genug Gas, wenn ab 2025 kein Gas mehr über die Ukraine transportiert wird?

Ja. Analysen unterschiedlicher Szenarien der Österreichischen Energieagentur in Zusammenarbeit mit der Regulierungsbehörde E-Control zeigen für den Betrachtungszeitraum Mai 2024 bis Mai 2026, dass Österreich im Falle eines Ausfalls russischer Gaslieferungen über die Ukraine keine Gasmangellage zu erwarten hat.

Im Vergleich zum Beginn der Energiekrise (Februar 2022), als die Gasspeicher nur zu 30 Prozent gefüllt waren und Russland seine Gaslieferungen gedrosselt hat, ist die Situation aufgrund von niedrigerem Gasverbrauch und mehr Gas-Bezugsquellen nun deutlich besser.

Österreich hat im Falle eines Ausfalls russischer Gaslieferungen aus folgenden Gründen keine Gasmangellage zu erwarten:

1. Hohe Gas-Speicherstände

Mit Stand Mitte Juli 2024 liegt der Füllstand der Gasspeicher in Österreich bereits wieder bei 85 Prozent, was rund 85 TWh entspricht. 20 TWh davon stehen der Republik Österreich als strategische Gasreserve zur Verfügung. Zur Erreichung des Speicherziels – mindestens 90 % Füllstand mit 1. November – fehlt nicht mehr viel.

Füllstand der Gasspeicher in Österreich

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Stand Juli 2024. Analyse und Darstellung: Österreichische Energieagentur, Datenquelle: AGSI

2. Wenig Verbrauch von Gas

Der Gasverbrauch liegt 2024 (bis inklusive 12. Juli 2024) rund 23 % unter dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2022. Die Gründe für den niedrigeren Gasverbrauch sind überdurchschnittlich hohe Temperaturen in den vergangenen Jahren, Effizienzmaßnahmen, reduzierte industrielle Aktivität, betriebliche Umstellungen beim Einsatz von Gas und der Ausbau erneuerbarer Energie in der Strom- und Wärmeerzeugung.

Abgeleitet von historischen Erfahrungswerten kann für 2024 ein Jahresgasverbrauch zwischen 70 und 82 TWh erwartet werden, womit man ein Hochverbrauch-Szenario (89 TWh Jahresverbrauch) de facto ausschließen kann.

Kumulierter Gasverbrauch in Österreich in TWh

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Stand 12. Juli 2024. Analyse und Darstellung: Österreichische Energieagentur, Datenquelle: AGGM

3. Importmöglichkeiten aus Deutschland und Italien

Aktuell lassen die technischen Kapazitäten einen Jahresimport von 160 TWh Gas via Deutschland und Italien in das Marktgebiet Ost zu. Die Marktgebiete Tirol und Vorarlberg haben gemeinsam einen Verbrauch von jährlich rund 6 TWh und werden schon heute zu 100 % über Deutschland versorgt. Bereits ab Oktober 2024 steigt die gesamte Importkapazität via Italien und Deutschland in das Marktgebiet Ost wegen der Erweiterung der Infrastruktur für den Import aus Italien via Arnoldstein von 160 auf 185 TWh pro Jahr. Wenn der erste Teil des WAG-Loops (West-Austria-Gasleitung) fertiggestellt wird, steigt die Importkapazität aus Deutschland und Italien in das Marktgebiet Ost auf 212 TWh pro Jahr. Die Ausweitung von Importkapazitäten erhöht Sicherheiten und wirkt entspannend auf Preise.

4. Diversifiziertere Gasversorgung in Österreichs Nachbarländern

Deutschland und Italien haben ihre Gasversorgung so aufgestellt, dass sie kein Pipeline-Gas aus Russland mehr beziehen müssen. Abflüsse aus Österreich in diese Länder gibt es derzeit nur durch Gasspeicherbewegungen Die anderen Nachbarländern können auf diese Importländer ausweichen:

  • Slowenien (rund 8 bis 10 TWh Verbrauch p.a.) kann gegebenenfalls auf Importe aus Kroatien, Italien und Österreich ausweichen.
  • Ungarn (rund 100 bis 110 TWh Verbrauch p.a.) kann gegebenenfalls auf Importe aus Österreich, Rumänien , Serbien, Kroatien, Slowakei und Ukraine ausweichen.
  • Slowakei (rund 50 bis 55 TWh Verbrauch p.a.) kann gegebenenfalls auf Importe aus Polen, Tschechien, Österreich und Ungarn ausweichen.