Energielage
Energielenkung im Notfall
Seit 30. März 2022 gilt in Österreich die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas. Nach aktuellem Stand ist die Energieversorgung in Österreich stabil und die Gasspeicher sind auch für Herbst und Winter ausreichend gefüllt.
Die österreichische Bundesregierung hat bereits Maßnahmen gesetzt, um Auswirkungen einer potenziellen Energiekrise zu vermeiden bzw. möglichst gering zu halten. Sollte es dennoch zu einer Energie-Versorgungskrise kommen, werden die Bestimmungen des Energielenkungsgesetzes (gemäß §4 EnLG 2012) angewendet. Dies ist dann der Fall, wenn eine Störung der Energieversorgung unmittelbar droht oder bereits eingetreten ist, die keine saisonale Knappheit darstellt und nicht durch marktbasierte Maßnahmen behoben werden kann.
Energielenkung: Was bedeutet das?

Maßnahmen zur Energielenkung sollen sicherstellen, dass der lebenswichtige Bedarf an Gas und Strom gedeckt wird, die Versorgung der Bevölkerung (s. a. „geschützte Kund:innen“) gewährleistet bleibt und eine ungestörte Gütererzeugung möglich ist. Die vorhandene Energie wird also so gelenkt, dass Haushalte und soziale Dienste versorgt sind, wirtschaftliche Schäden minimiert werden und lebenswichtige Lieferketten aufrechterhalten werden können.
Beispiele für mögliche Lenkungsmaßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung:
- Anweisungen an Erdgasunternehmen oder -produzenten, die zur Sicherung der Gasversorgung notwendig sind (z. B. zu Produktion, Verteilung, Speicherung oder Handel)
- Verpflichtung der Endverbraucher:innen, bereits erworbene Erdgasmengen dem Markt zur Verfügung zu stellen (Anm.: damit sind nicht Haushalte gemeint)
- Aufruf zur Verteilung des verfügbaren Erdgases an die Endverbraucher:innen (gilt nicht für geschützte Kund:innen wie Haushalte, soziale Dienste) nach Dringlichkeit, Substituierbarkeit durch andere Energieträger und nach dem Ausmaß an volkswirtschaftlichen Auswirkungen
- Anweisung an ausgewählte Betreiber:innen von KWK-Anlagen oder Fernwärmeunternehmen, Erdgas durch andere Energieträger (soweit technisch möglich) zu ersetzen und die Vorlauftemperatur für die Einspeisung in das Fernwärmenetz abzusenken
Ob und welche Energielenkungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, entscheidet Leonore Gewessler als Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Sie legt Lenkungsmaßnahmen durch Verordnungen fest. Diese müssen wiederum dem Energielenkungsbeirat vorgelegt werden und brauchen die Zustimmung des Hauptausschusses im Nationalrat.
Ablauf und Dauer der Energielenkung
Grundsätzlich dürfen Lenkungsmaßnahmen höchstens sechs Monate dauern. Sollte bereits eine Störung der Energieversorgung vorliegen, können sie mehrmals (für bis zu weitere sechs Monate) verlängert werden. Dafür ist die Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates notwendig. Ist die Störung der Energieversorgung behoben, müssen die Lenkungsmaßnahmen sofort beendet werden.
Die Energielenkung im Notfall erfolgt in drei Stufen:
Energielenkung Stufe 1

Wenn Russland seine Erdgaslieferungen unterbricht, soll der Erdgasverbrauch unmittelbar reduziert werden, um möglichst lange mit den eingespeicherten Gasmengen auszukommen. So können die Versorgung geschützter Kund:innen und systemrelevanter Unternehmen sowie die sichere Stromversorgung gewährleistet werden.
Folgende Maßnahmen sind in Stufe 1 vorgesehen:
- Verpflichtende Registrierung von Unternehmen (ab einer Anschlussleistung von 10 MWh) auf der Austauschplattform FlexMOL
- Steigerung der inländischen Förderungen für das Umrüsten auf alternative Energiequellen (Substitution des Energieträgers Erdgas)
- Außerkraftsetzen der Emissionsgrenzwerte bei Substitution
- Sparaufrufe
Es ist in dieser Stufe nicht vorgesehen, einzelnen Verbraucher:innen (beispielsweise Großabnehmer:innen) Verbrauchsreduktionen verbindlich vorzuschreiben.
Es liegt nahe, dass der Gaspreis im Fall einer Verknappung weiter steigt. Folge dieser Teuerung wird ein geringerer Verbrauch sein. Die Energieversorgung in Österreich wird daher auch bei einem Lieferstopp aus Russland gewährleistet sein. Denn die vom BMK durchgerechneten Szenarien zeigen, dass bei gut gefüllten Speichern, Verbrauchsreduktion und erfolgreicher Erschließung alternativer Lieferquellen eine Unterbrechung der russischen Erdgas-Lieferung selbst über mehrere Monate mit den Maßnahmen der Stufe 1 überbrückt werden kann.
Energielenkung Stufe 2
Sollte der Lieferstopp länger dauern und die Gasversorgung damit verknappt werden, tritt Stufe 2 der Energielenkung in Kraft.
Folgende Maßnahmen sind in Stufe 2 vorgesehen:
- Technische Einschränkung von Industrieanlagen (mit einer Höchstleistung von mehr als 50 MWh) um einen gleichmäßigen Prozentsatz; Großabnehmer:innen der Energiewirtschaft, die Lebensmittelindustrie, Raffinerien und weitere systemrelevante Sektoren sollen von den Einschränkungen ausgenommen werden.
- Fortsetzung des Handels auf der FlexMOL
- Zugriffsmöglichkeit für Großverbraucher:innen auf Gasmengen, die von ihnen oder ihren Versorgern unter Nutzung der Immunisierung eingespeichert wurden
Energielenkung Stufe 3
Reichen die Maßnahmen aus Stufe 2 nicht aus, müssen in der dritten Stufe Anlagen mit Lastprofilzählern ihren Verbrauch einschränken (rund 7.000 Unternehmen unterschiedlicher Größe).
Ausnahmen sind systemrelevante Verbraucher:innen – also Unternehmen, die Waren oder Dienstleistungen für die grundlegende bzw. lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung anbieten. Abgrenzung und Einordnung dieser grundlegenden wirtschaftlichen Aktivitäten werden mit den Sozialpartnern ausgearbeitet.
Weitere Informationen zur Bestandsaufnahme und Bewältigung möglicher Krisenszenarien im Bereich Energie finden Sie in der Broschüre zum Krisenvorsorgemanagement 2022.